Samstag, 16. Juni 2012

Unterwanderung - Erster Auszug aus Buch „Burschenschafter packt aus“

Unterwanderung von Burschenschaften durch Rechtsextreme

Erster Auszug aus dem ersten Enthüllungsbuch über rechtsextreme Burschenschafter „Burschenschafter packt aus“ des investigativen Journalisten „Kurtchen Tucholskichen“. Erstmals seit 200 Jahren blickt ein Insider hinter die Kulissen von rechtsextremen Burschenschaftern. Das Buch nennt keine Namen, da es um die Analyse von rechtsextremen Strukturen geht, nicht um Personen.

Erster Auszug aus „Burschenschafter packt aus“
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Wie Kameradschaften viele Burschenschaften unterwandert haben

Im letzten Jahr haben nach dem "Aufnahmekriterien-Skandal" viele Journalisten das Thema Rechtsextremismus in Burschenschaften aufgegriffen.
Tenor der Medien: es gibt einzelne Rechtsextreme, es gibt einzelne rechtsextreme Burschenschaften. Botschaft: Burschenschaften sind rechts.
Die Richtung der Medien ist richtig, aber zu kurz gesprungen. Viel zu kurz.
Die Rechten sind schon viel weiter. Die Rechten unter den Burschenschaftern sind schon im Vorfeld von militanten Rechtsterroristen. Sie nutzen aber das Tarnnetz Burschenschaft, um sich einen harmlosen und akademischen Anstrich zu geben.


Burschenschaften in den 90ern
In den späten 90er Jahren gab es zwei Entwicklungen in der rechten Szene und der Burschenschafterszene, die zu einander passten.
Die Burschenschaften merkten massiv den Mitgliederschwund durch Überalterung der Altherrenschaften und andererseits Probleme bei der Mitgliederwerbung (Jargon der Burschenschaften: Keilen). D.h. es gab immer mehr Verbindungen mit schönen Verbindungshäusern, die keine Aktivitas mehr hatten und daher "vertagen" mussten. D.h. dass es vereinsrechtlich nur noch einen Altherren-Verein gab, aber keinen Betrieb mehr mit Studenten, der Aktivitas. Das ist das Anfang vom Ende einer Studentenverbindung. Das oberste Prinzip einer Verbindung ist das Überleben und Weiterführen der Tradition. Koste es was es wolle.

Militante Rechte in den 90ern
Zweite dazu passende Entwicklung: in den 90ern hatte die rechte militante Szene mehrere massive Probleme:
- immer mehr Organisationen wie Kameradschaften wurden verboten - Finanzprobleme
- Überwachungsprobleme: nach dem Brandanschlag von Solingen 1993 (plus Mölln, Hoyerswerda, Rostock etc.) wurde die militante Szene immer stärker durch Überwachungsbehörden unter Druck gesetzt
- Medien erhöhten den medialen Druck durch permanente Berichterstattung - das führte zu Streit in der rechten Szene über die Strategie
Folgen: einzelne militante Rechte verließen ihre gewohnten Strukturen (Kameradschaften etc.), verkündeten ihren Ausstieg und suchten sich neue Plattformen.
Basis des Neuaufbaus war ein Konzept des Chefideologen einer Partei, der bereits 1996 folgenden Plan veröffentlicht hatte: Rechtsextreme wie Kameradschafter sollten ihr militanten Strukturen verlassen und in Burschenschaften einsickern, um dort Geld, Häuser, Strukturen, Verharmlosung zu nutzen.

Neue Plattform für die Rechten
Sie suchten sich Plattformen, die ihnen ein bürgerliches Image geben, die ihnen finanzielle und personale Ressourcen geben, die offen waren für ihr Gedankengut, die offen waren für Ihr Engagement und Ausbildung (z.B. Anti-Antifa).
Sie suchten sich Plattformen, die ein perfektes Deckmäntelchen waren und der Verharmlosung ihrer Vergangenheit und Aktivitäten dienen konnten. Selbst Journalisten fielen auf diese Strategie herein, berichteten über die sogenannten Aussteiger. Da diese endlich unter einem akademischen Dach angekommen seien.

Man kann sich vorstellen, welche diese Plattform für die militanten Rechtsaussteiger waren und sind: Burschenschaften.

Diese wurden von den militanten Rechten seit den 90ern gekapert und ausgenutzt, wie Viren das mit ihren Wirtstieren bei Krankheiten tun.

Und viele Burschenschaften waren begeistert - endlich wieder Aktive auf dem Haus. Die richtig engagiert und aktiv waren. Denkweise der Burschenschaften: Natürlich waren sie ein wenig rechts, aber sie sicherten das Überleben der Verbindung. Das geht über alles. Viele Burschenschaften hatten heftige Kämpfe deswegen auszustehen .Viele Bundesbrüder sind ausgetreten, weil sie diese Nazifizierung nicht mittragen und nicht mitfinanzieren wollten. Doch irgendwann war es zu spät. Die eingesickerten Nazis waren plötzlich Alte Herren. Und demokratische Alte Herren bekommen sie mit demokratischen Methoden einer Burschenschaft nicht aus dem Bund. Sie brauchen auf den Mitgliederversammlungen der Alten Herren meist eine unerreichbare Mehrheit, um einen rechten Alten Herren rauszuschmeißen. Nazis waren sehr aktiv und haben andere Nazis nachgezogen. So macht man Mehrheiten.

Und so werden die demokratischen Strukturen der Burschenschaften (jede Stimme ist gleichberechtigt in der burschenschaftlichen Basisdemokratie) zu ihrer größten Schwäche. Wie in der Demokratie der Weimarer Republik. Rechtsextreme Burschenschafter besetzen in vielen Burschenschaften die Vorstandsposten und berufen sich dabei auf demokratische Wahlen. Sarkastisch kann man dazu sagen: Auch Adolf Hitler hat sich „demokratisch“ zum Reichskanzler wählen lassen.



Im Juni 2012 enthüllte die Münchner Abendzeitung, dass ein Burschenschafter eine Kameradschaft in Bayern führt, deren inoffizieller Chef mehrere Jahre inhaftiert war. Der ehemalige Innenminister Bayerns nannte die nun von einem Burschenschafter geführte Kameradschaft "Braune Armee Fraktion". Der Burschenschafter ist auch im Verfassungsschutzbericht Bayerns namentlich erwähnt.

Erstes Fazit: Die Nazis waren mit ihrer Unterwanderung und Nutzung der Ressourcen von Burschenschaften sehr erfolgreich.